Zahnarzt-Besuch in Argentinien – so funktioniert’s!
- Lebenwelt Travel
- 16. Aug. 2023
- 3 Min. Lesezeit
In der zweiten Woche unserer Weltreise ließ der medizinische Notfall nicht lange auf sich warten: Bei Hühnchen und Pommes hat sich Annis hinterer Backenzahn in zwei Teile gespalten. Wir wollten es am Anfang gar nicht glauben, aber tatsächlich war der äußere Teil des hinteren, rechten Backenzahns abstehend und locker. Im ersten Moment konnten wir unsere Gedanken gar nicht ordnen. Das große Glück in der Situation war, dass der Zahn bereits in Deutschland eine Wurzelbehandlung hinter sich hatte und Anni dadurch also keine Schmerzen ertragen musste!
Trotzdem wurde die Angst größer: wie sollten wir damit umgehen? Unsere Weltreise ist erst zwei Wochen lang und wir wollen noch Jahre unterwegs sein – wie kriegen wir das nachhaltig in den Griff? Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich der Zahn schmerzvoll entzünden würde.
Da wir zu dieser Zeit in Verónica im Camp Alemán arbeiteten, waren wir glücklicherweise in der Obhut unserer Freundinnen aus Argentinien, die sich mit dem Gesundheitssystem bestens auskannten. Sie empfahlen uns, den Zahn in Buenos Aires, das circa 2-3 Stunden Autofahrt weg war, behandeln zu lassen. Außerdem gaben sie uns den Kontakt zu einer Zahnarztpraxis, mit der sie schon gute Erfahrungen gemacht hatten. Die Rezensionen auf Google Maps untermalten diese Empfehlung.
Unsere Freundin vereinbarte mit uns einen Termin beim Zahnarzt – über Whatsapp. Anfangs hielten wir das für einen Scherz, aber wir lernten während unserer Reise immer mehr, dass sehr vieles - auch Offizielles, über Whatsapp geklärt wird. Datenschutz oder Misstrauen gegenüber sozialen Medien wie Whatsapp, existiert in der Art in Südamerika nicht so wie in Deutschland und Europa (soweit wir das beurteilen können). Wir können mittlerweile gar nicht mehr aufzählen, wie oft wir vertrauliche Dokumente, Bilder, Passnummern, usw. über Whatsapp oder Facebook geteilt und verschickt haben, um Termine, Tickets oder Unterkünfte zu buchen.
Zurück in Buenos Aires hatte Anni den Termin an einem Sonntag. Wir suchten die Zahnarztpraxis auf und fanden uns vor einem modernen Hochhaus wieder, wo im Foyer bereits ein Security auf uns wartete. Mit unserem Anfänger-Spanisch erklärten wir, dass Anni einen Termin hat. Wichtig war, dass Anni ihren Reisepass vorlegen musste, um ihre Identität zu bestätigen. In Argentinien ist es völlig normal, dass die Leute ihre Personalausweisnummer auswendig können, da die Identitätsbestätigung für Vieles im öffentlichen Leben benötigt wird. Unser Problem bei der Anmeldung war: Anni alleine war für den Termin registriert. Trotz Diskussion und obwohl Timo sogar ihr Ehemann ist, gab es keine Möglichkeit für Timo mit in die Zahnarztpraxis zu kommen. Wir dachten, wir sind im falschen Film. Da Anni Dentalphobie hat, fiel der Weg alleine noch schwerer. Erst beim nächsten Besuch war es für Timo möglich mitzukommen - nachdem wir das über Whatsapp mit der Praxis ausdiskutiert haben.

Unsere Einblicke in das Zahnarztpraxissystem sind nur oberflächlich und trotzdem können wir einige, aus deutscher Perspektive, Besonderheiten benennen. Es gibt eine Rezeption und auch einen Wartebereich, so wie wir es aus Deutschland kennen. Allerdings gibt es in Argentinien nicht so wie in Deutschland nur ein, zwei oder drei Zahnärzte in einer Praxis, sondern unzählige (für unseren Maßstab)! In der argentinischen Zahnarztpraxis hat jeder Zahnarzt sein eigenes, etwa 8qm großes, angemietetes Zimmer. Es gibt viele kleine Zimmer, in denen Zahnärzte ihre eigenen Patienten behandelten. Es gab eine Zahnarzthelferin, die für alle Zahnärzte zuständig war. Sie holte spezielle Utensilien, wenn diese gewünscht wurden. Wenn es zum Beispiel um Röntgenaufnahmen geht, dann wird man zu einem anderen Arzt in der Praxis geschickt, der dafür zuständig ist. Insgesamt erschien uns das System extrem spezialisiert. Dieser Eindruck wurde von unseren argentinischen Freunden für andere Bereiche des Gesundheitssystems bestätigt: es gibt viele Spezialisten und als Patient dementsprechend viele Wege zu erledigen.
Wir hatten das Glück, an eine ganz tolle Zahnärztin geraten zu sein. Nach zwei Sitzungen war der Zahn so gut bearbeitet, dass er bisher immer noch hält.
Die Bezahlung des Zahnarztbesuches ist immer direkt nach jeder Behandlung bzw. Sitzung. Wenn man mit Karte zahlt, kommen nochmal Prozente drauf. Außerdem, wenn man eine Versicherung hat und deshalb eine Quittung zum Behandlungsnachweis benötigt, kriegt man einen Preisaufschlag von 25% auf die Rechnung.
Wir sind froh, dass wir Glück im Unglück hatten und uns unsere Freundinnen unterstützen konnten.
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